Pfadfinderin zwischen Vernunft und Gefühl
Ausstellung verlängert bis 4. November 2023!
Frisch eingeschult in die Wohlgelegen Schule in der Neckarstadt von Mannheim wurde Renate Kremer von Frau Möllert, der Lehrerin, geohrfeigt. Sie möge nicht soviel Unruhe verbreiten, sondern still und ruhig auf ihrem Stuhl sitzen bleiben. Renate Kremer nahm nach Unterrichtsschluss ein Stück Kreide von der Wandtafel, begab sich vor das Schulportal an der Käfertaler Straße und zeichnete mit weißen Strichen einen Galgen auf die Rotsandsteinfassade. Am Galgen hing, eindeutig erkennbar für Passanten, Schüler und Kollegium, Frau Möllert. Diese befahl ihr, den Rohrstock vom Rektor zu holen und gab ihr vor versammelter Klasse je zehn Hiebe auf jede Handfläche.
„Ich habe viel protestiert“ erinnert sich die ehemalige Schülerin, „dann habe ich schlechte Noten gekriegt. Und ich habe verhandelt.“ „Wenn ich dort aus Rache eine Vier bekommen habe, brauche ich von Ihnen zum Ausgleich eine Zwei“ wandte sie sich an ihr wohlgewogene Lehrer. Sie wurde lebenstüchtig, studierte Medizin und arbeitete als Ärztin in Mannheim, Düsseldorf und Heppenheim.
Dort sah sie in der Psychiatrischen Klinik Patienten, die im Hof im Kreis umhergingen, was sie veranlasste, Seminare zur Tiefenpsychologie in Heidelberg zu besuchen.
Sie hört, dass Sigmund Freud erkannt hat, dass Krankheiten Botschaften übermitteln, sie liest und lernt und macht sich als Psychoanalytikerin in eigener Praxis selbständig.
Sie besucht Kongresse, hält Vorträge, empfängt Patienten. Aber sie versteht auch lustvoll zu leben. Sie kocht für sich, sie zeichnet und malt für sich.

Diese Frau, die sich herb, ja streng gibt, die Heftigkeit als ihr grundlegendes Wesensmerkmal bezeichnet, hat sanft anmutende, feinsinnige Pasticcios zu Papier gebracht, die Zauber ausüben. In kleinen Formaten, in Momentaufnahmen, standbildhaft, richtet sie ihr Augenmerk auf Höhen, auf Untiefen menschlichen Daseins; hat sie doch in Kliniken viel gesehen, hinter der Couch viel gehört und ist begabt mit einem klaren Blick auf die Realität.
Renate Kremer ist die jüngste Schwester von Federico Fellini und Pedro Almodovar. Ihre Bilder wirken naiver, ihre Akteure sind wir, wartend auf das Happy End, wie in guten alten Filmen.
(Barbara Schulz)
Videoeinführung der Ausstellung
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Ausstellung
7. Juli – 4. November 2023
Öffnungszeiten
Montag – Freitag von 11.00 – 17.00 Uhr
Samstag von 12.00 – 16.00 Uhr
Künstlerführungen
Samstag, 4. November 2023 um 14.00 Uhr
Ausstellungsinformation zum Herunterladen
Einladungsfaltblatt als PDF-Datei
Führungen
vereinbaren Sie gerne telefonisch oder per E-Mail
Kontakt: Karin Liane Mysz